Basierend auf einem neuen Datensatz analysierten Forschende des Complexity Science Hub die Koordinaten und die Oberfläche von 183 Millionen Gebäuden in fast 6.000 afrikanischen Städten. Mit ihrem Modell konnten sie die Form von Städten quantifizieren und Distanzen abmessen. Das Team zeigte so, dass sich der Energiebedarf im Zusammenhang mit Mobilität verdreifacht, wenn sich die Bevölkerung einer Stadt verdoppelt. Diese Ergebnisse verdeutlichen, wie wichtig es ist, schnell wachsende Städte auf nachhaltige Weise zu planen.
"Unser Modell ermöglicht es uns, den Verkehrs- und Energiebedarf afrikanischer Städte mit einer noch nie dagewesenen Präzision zu abzuschätzen", erklärt Rafael Prieto-Curiel, Forscher am Complexity Science Hub.
Gemeinsam mit Jorge E. Patino von der Universidad EAFIT und Brilé Anderson von der OECD analysierte er einen kürzlich veröffentlichten Datensatz von Google AI. Anhand dieser bislang einzigartigen Daten maßen die Forschenden die durchschnittliche Entfernung zwischen Gebäuden in 6.000 afrikanischen Städten und nutzten sie als Indikator für den Energiebedarf im Zusammenhang mit der Mobilität (etwa beim Pendeln). Afrika ist dabei ein außergewöhnlicher Ort für diese Forschung. Zum Vergleich: In den USA gibt es weniger als 400 Metropolregionen. Darüber hinaus werden afrikanische Städte Prognosen zufolge schneller wachsen als je zuvor.
"Ausgehend von der Distanz zwischen den Gebäuden berechneten wir die zu erwartenden Entfernungen und Fahrzeiten für jede einzelne Person innerhalb einer Stadt", erklärt Prieto-Curiel. Ihr Ergebnis: Eine Verdoppelung der Bevölkerung bringt eine Verdreifachung der Energiekosten mit sich. Schließlich legen mehr Menschen längere Strecken zurück.
GROßSTÄDTE EHER RUND, KLEINSTÄDTE EHER WURSTFÖRMIG
Die Footprints einer Auswahl afrikanischer Städte © Complexity Science Hub
Dieser Verdreifachungseffekt ist zum Teil auf die städtische Morphologie und das Wachstum der Städte zurückzuführen. "Der Bau größerer Gebäude (was Fläche und Höhe betrifft) in der Nähe des Stadtzentrums verringert die Pendlerdistanz sowie den Energieverbrauch der Stadt und trägt zur Erhaltung von Grünflächen bei", erklärt Prieto-Curiel eines der Ergebnisse.
Das Team fand außerdem heraus, dass Großstädte in der Regel anders geformt sind als kleinere Städte. Mit zunehmendem Wachstum nehmen größere Städte tendenziell eine rundere und kompaktere Form an. Kleinere Städte dagegen weisen eher eine längliche Wurstform auf.
LÄNGLICHE FORM ERHÖHT UMWELTBELASTUNG
Man stelle sich zwei Städte mit der gleichen Anzahl von Einwohner:innen vor. Ist die eine rund und kompakt, dann liegen Objekte und Menschen relativ nah beieinander. Hat die andere eher eine längliche Form, dann müssen einige Menschen mehr Zeit und Energie aufwenden, um von einer Seite zur anderen zu gelangen. Das Problem dabei ist nicht nur die Zeit, sondern auch die Umweltverschmutzung. Eine längliche Stadt verursacht also aufgrund ihrer Form eine größere Belastung.
"Häufig wachsen die Städte an der Peripherie, da in den Gebieten, in denen die Stadt wächst, mehr Wohnungen gebaut werden. Diese Art des Städtewachstums vergrößert die Distanzen beim Pendeln und erschwert die Bereitstellung ausreichender Versorgungsleistungen für die neuen Häuser, z. B. für Abwasser und Strom", erklärt Prieto-Curiel.
Das Team fand außerdem heraus, dass Großstädte in der Regel anders geformt sind als kleinere Städte. Mit zunehmendem Wachstum nehmen größere Städte tendenziell eine rundere und kompaktere Form an. Kleinere Städte dagegen weisen eher eine längliche Wurstform auf.
LÄNGLICHE FORM ERHÖHT UMWELTBELASTUNG
Man stelle sich zwei Städte mit der gleichen Anzahl von Einwohner:innen vor. Ist die eine rund und kompakt, dann liegen Objekte und Menschen relativ nah beieinander. Hat die andere eher eine längliche Form, dann müssen einige Menschen mehr Zeit und Energie aufwenden, um von einer Seite zur anderen zu gelangen. Das Problem dabei ist nicht nur die Zeit, sondern auch die Umweltverschmutzung. Eine längliche Stadt verursacht also aufgrund ihrer Form eine größere Belastung.
"Häufig wachsen die Städte an der Peripherie, da in den Gebieten, in denen die Stadt wächst, mehr Wohnungen gebaut werden. Diese Art des Städtewachstums vergrößert die Distanzen beim Pendeln und erschwert die Bereitstellung ausreichender Versorgungsleistungen für die neuen Häuser, z. B. für Abwasser und Strom", erklärt Prieto-Curiel.
EIN BLICK IN DIE ZUKUNFT VON AFRIKA
In vielen Teilen der Welt fand bereits eine umfassende Urbanisierung statt. In Afrika werden die nächsten drei Jahrzehnte tiefgreifende Veränderungen mit sich bringen, so die Prognosen. Derzeit leben in Städten wie Kairo, Lagos, Luanda, Dar es Salaam, Nairobi und Addis Abeba Millionen von Menschen, und es wird erwartet, dass ihre Einwohnerzahl in den nächsten Jahrzehnten erheblich zunehmen wird.
"Bis 2050 werden in Afrika zusätzlich 950 Millionen Menschen in Städten leben, im Jahr 2015 waren es noch 574 Millionen Menschen", so Prieto-Curiel. Mehr Gebäude - Wohnungen, Schulen, Krankenhäuser etc. werden gebaut werden müssen.
Wo und wie diese neuen Gebäude gebaut werden, ist von großer Bedeutung. Denn die Entscheidungen von heute werden uns noch Jahrzehnte begleiten. Und die daraus resultierende Morphologie der Städte wirkt sich dauerhaft auf den Energiebedarf einer Stadt aus. "Wir sollten vor allem die Städte, die in den nächsten zwanzig Jahren extrem schnell wachsen werden, mit besonderer Sorgfalt planen. Sie müssen extrem widerstandsfähig gegenüber vielen Herausforderungen sein", betont Prieto-Curiel.
KOMBINATION ENORMER DATENMENGEN
Zur Durchführung dieser Studie kombinierte das Forschungsteam riesige Datenmengen: Ein neuer Datensatz von Google AI lieferte die Koordinaten jedes einzelnen Gebäudes. In Kombination mit Daten von Africapolis, dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt und OpenStreetMap konnten die Forschenden schließlich die Form von fast 6000 Städten in ganz Afrika erfassen.
Anschließend entwickelten sie eine Reihe von Indikatoren. Indikatoren wie die Anzahl von Gebäuden, die bebaute Fläche, der Platzbedarf des Stadtzentrums, wie langgestreckt oder kompakt eine Stadt ist - um nur einige zu nennen. Diese Indikatoren ermöglichen zum ersten Mal den Vergleich aller Städte, ob groß oder klein.
"Bisher standen uns nur Satellitenbilder zur Verfügung, die aber nur sehr schwer zu verarbeiten waren. Vor allem in kleineren Städten ist es schwierig zu erkennen, was ein Gebäude ist", erklärt Prieto-Curiel. Der neue, frei zugängliche Datensatz von Google AI ändert dies. Mithilfe eines Machine Learning-Prozesses können die Eckpunkte der einzelnen Gebäude als Koordinaten definiert werden. Wie eine Stadt aus Lego-Steinen.
In vielen Teilen der Welt fand bereits eine umfassende Urbanisierung statt. In Afrika werden die nächsten drei Jahrzehnte tiefgreifende Veränderungen mit sich bringen, so die Prognosen. Derzeit leben in Städten wie Kairo, Lagos, Luanda, Dar es Salaam, Nairobi und Addis Abeba Millionen von Menschen, und es wird erwartet, dass ihre Einwohnerzahl in den nächsten Jahrzehnten erheblich zunehmen wird.
"Bis 2050 werden in Afrika zusätzlich 950 Millionen Menschen in Städten leben, im Jahr 2015 waren es noch 574 Millionen Menschen", so Prieto-Curiel. Mehr Gebäude - Wohnungen, Schulen, Krankenhäuser etc. werden gebaut werden müssen.
Wo und wie diese neuen Gebäude gebaut werden, ist von großer Bedeutung. Denn die Entscheidungen von heute werden uns noch Jahrzehnte begleiten. Und die daraus resultierende Morphologie der Städte wirkt sich dauerhaft auf den Energiebedarf einer Stadt aus. "Wir sollten vor allem die Städte, die in den nächsten zwanzig Jahren extrem schnell wachsen werden, mit besonderer Sorgfalt planen. Sie müssen extrem widerstandsfähig gegenüber vielen Herausforderungen sein", betont Prieto-Curiel.
KOMBINATION ENORMER DATENMENGEN
Zur Durchführung dieser Studie kombinierte das Forschungsteam riesige Datenmengen: Ein neuer Datensatz von Google AI lieferte die Koordinaten jedes einzelnen Gebäudes. In Kombination mit Daten von Africapolis, dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt und OpenStreetMap konnten die Forschenden schließlich die Form von fast 6000 Städten in ganz Afrika erfassen.
Anschließend entwickelten sie eine Reihe von Indikatoren. Indikatoren wie die Anzahl von Gebäuden, die bebaute Fläche, der Platzbedarf des Stadtzentrums, wie langgestreckt oder kompakt eine Stadt ist - um nur einige zu nennen. Diese Indikatoren ermöglichen zum ersten Mal den Vergleich aller Städte, ob groß oder klein.
"Bisher standen uns nur Satellitenbilder zur Verfügung, die aber nur sehr schwer zu verarbeiten waren. Vor allem in kleineren Städten ist es schwierig zu erkennen, was ein Gebäude ist", erklärt Prieto-Curiel. Der neue, frei zugängliche Datensatz von Google AI ändert dies. Mithilfe eines Machine Learning-Prozesses können die Eckpunkte der einzelnen Gebäude als Koordinaten definiert werden. Wie eine Stadt aus Lego-Steinen.
NEUE DATEN, NEUE CHANCEN
Ein Großteil des kollektiven Wissens über urbane Strukturen in afrikanischen Städten und ihren künftigen Energiebedarf basierte bislang auf den Daten einiger weniger Städte. Fortschritte, wie die für diese Studie verwendeten Daten und ihre Ergebnisse, sind für die Zukunft der Städte von entscheidender Bedeutung. Nur so kann die Urbanisierung in den kommenden Jahrzehnten auf einen Kurs der Widerstandsfähigkeit und Nachhaltigkeit gebracht werden.
"Unsere Ergebnisse zeigen, dass der künftige Energiebedarf für den Verkehr unglaublich hoch sein könnte, wenn sich die Trends fortsetzen", so Prieto-Curiel. Die Gestaltung kompakter, dichter und besser vernetzter urbaner Strukturen wird den Städten zu mehr Nachhaltigkeit und Lebensqualität verhelfen. Dies gilt insbesondere für afrikanische Städte, die in den nächsten Jahrzehnten ein schnelles Wachstum erleben werden.
SERVICE
Die Studie “Scaling of the morphology of African cities” wurde im Fachmagazin Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS) veröffentlicht.
ÜBER DEN COMPLEXITY SCIENCE HUB
Der Complexity Science Hub (kurz: CSH Vienna) wurde mit dem Ziel gegründet, Big Data zum Nutzen der Gesellschaft einzusetzen. Der CSH Vienna bereitet unter anderem große Datensätze systematisch und strategisch so auf, dass Auswirkungen von Entscheidungen in komplexen Situationen vorab getestet und systematisch bewertet werden können. Damit liefert der Complexity Science Hub die Grundlagen für eine evidenzbasierte Politik. https://www.csh.ac.at
Der Complexity Science Hub (kurz: CSH Vienna) wurde mit dem Ziel gegründet, Big Data zum Nutzen der Gesellschaft einzusetzen. Der CSH Vienna bereitet unter anderem große Datensätze systematisch und strategisch so auf, dass Auswirkungen von Entscheidungen in komplexen Situationen vorab getestet und systematisch bewertet werden können. Damit liefert der Complexity Science Hub die Grundlagen für eine evidenzbasierte Politik. https://www.csh.ac.at