[Wien, 24. November 2022] Es war ein äußerst turbulentes Jahr für die Kryptowelt. Vor allem die Zusammenbrüche des Stablecoins Terra zu Beginn des Jahres und jener der Krypto-Tauschbörse FTX vor zwei Wochen, ließen manche Investor:innen fassungslos zurück. Eine neue Studie des Complexity Science Hub Vienna (CSH) zeigt, wie hypothetische Ausfälle von Kryptoassets andere Finanzdienste auf Ethereum beeinflussen könnten.
„Nach dem Zusammenbruch der Stablecoins TerraUSD und Luna Anfang dieses Jahres, rückten auch andere Stablecoins in den Fokus der Aufmerksamkeit. Sie zu verstehen, ist enorm wichtig, denn sie stellen eine Schnittstelle zum traditionellen Finanzsektor dar und können Ausfälle dorthin übertragen“, erklärt Bernhard Haslhofer, Leiter der Forschungsgruppe Cryptofinance am CSH Vienna. Stablecoins sind Kryptowährungen, deren Wert an ein anderes Asset, wie den US-Dollar gebunden sein soll. Aufgrund einer Reihe koordinierter Spekulationsgeschäfte, brachen diese Bindungen jedoch auf, wodurch TerraUSD und Luna plötzlich wertlos waren.
Stablecoins als wesentliche Bausteine
Bei der Analyse verschiedener Decentralized Finance (DeFi)-Services stellten die Forschenden am CSH fest, dass viele auf Stablecoins wie Tether angewiesen sind. „Einzelne Finanzdienste nutzen Tether in mehr als 14% ihrer Ausführungen, was zu einer vergleichsweise hohen Abhängigkeit von diesem speziellen Asset führt“, so CSH-Forscher Stefan Kitzler. Sollte Tether, aus welchen Gründen auch immer, an Wert verlieren, wären viele andere DeFi-Dienste betroffen.
Neben diesem Vorfall erlebte 2022 fast jeden Monat Hacks, Exploits oder Zusammenbrüche von Projekten im Kryptobereich. Mit einem Rekord von rund 760 Millionen US-Dollar, die im Oktober gestohlen wurden, spricht man nicht umsonst vom Hacktober. „Während die Bitcoin-Blockchain nur den Transfer von Bitcoins zwischen Nutzer:innen erlaubt, ermöglichen neue Blockchains wie Ethereum auch die Durchführung komplexerer Finanzoperationen wie Kreditvergaben oder den Handel mit mehreren Kryptoassets, welche die Vermögenswerte auch außerhalb der Blockchain widerspiegeln,“ so Kitzler.
Algorithmus entwirrt Finanzdienste auf der Ethereum-Blockchain
Für Endnutzer:innen bleiben die inneren Mechanismen dieser Finanzdienste weitgehend verborgen und sie sind sich in der Regel nicht darüber im Klaren, welche anderen Dienste im Hintergrund genutzt werden. Nun gelang es den Forschenden die Struktur der Finanzdienste auf der Ethereum-Blockchain zu entwirren. Sie entwickelten einen Algorithmus, der diese Finanztransaktionen aufschlüsselt und sichtbar macht, wie die Dienste miteinander verwoben sind. Gestoßen sind sie auf stark verschachtelte Strukturen. "Wir haben es hier mit komplexen Finanzprodukten zu tun, die sehr schwer zu verstehen sind und Risiken bergen, die noch nicht vollständig bekannt sind", so Kitzler.
Starke Abhängigkeiten und unbekannte Risiken
Vorstellen könne man sich die interne Struktur dieser Finanzdienste wie ein Konstrukt aus Bausteinen: Die oberen bauen auf den unteren auf. Dadurch und durch die wiederholte Verwendung bestimmter Bausteine sei das gesamte System stark abhängig von ganz bestimmten grundlegenden Servicebausteinen. Bricht ein solcher Baustein weg, wirkt sich das auf andere, darauf aufbauende Bausteine aus.
Die Dienste der Decentralized Finance (DeFi) – diesem gesamten Komplex der Finanzdienstleistungen in Verbindung mit Krypto-Vermögenswerten – bieten in der Regel einen einfachen Zugang über ihre Websites, ähnlich dem klassischen E-Banking traditioneller Banken. Diese niedrige Zugangshürde oder sogar Gamification haben zu großer Popularität von DeFi und zu Milliarden von investierten Dollars auf dem Markt geführt.
Die jüngsten Ereignisse im Kryptobereich, sowie die Forschungsergebnisse des CSH zeigen deutlich, dass es sich bei Kryptoanlagen nicht nur um riskante Investitionen handelt, sondern auch, dass Misserfolge die Finanzdienste der Kryptowelt, aber möglicherweise ebenso in der traditionellen Finanzwelt beeinträchtigen könnten. "Das Erste, was wir tun müssen, ist Transparenz und Bewusstsein zu schaffen. Die Nutzer:innen müssen verstehen, was genau hinter einem bestimmten Krypto-Finanzdienst steckt und welche Risiken damit verbunden sind", betont Kitzler. "Die jüngsten Ereignisse machen deutlich, dass das Verständnis möglicher systemischer Risiken im Zusammenhang mit Kryptoassets und DeFi auch für Regulierungsbehörden und politische Entscheidungsträger:innen höchste Priorität haben muss", schließt Haslhofer.
Stablecoins als wesentliche Bausteine
Bei der Analyse verschiedener Decentralized Finance (DeFi)-Services stellten die Forschenden am CSH fest, dass viele auf Stablecoins wie Tether angewiesen sind. „Einzelne Finanzdienste nutzen Tether in mehr als 14% ihrer Ausführungen, was zu einer vergleichsweise hohen Abhängigkeit von diesem speziellen Asset führt“, so CSH-Forscher Stefan Kitzler. Sollte Tether, aus welchen Gründen auch immer, an Wert verlieren, wären viele andere DeFi-Dienste betroffen.
Neben diesem Vorfall erlebte 2022 fast jeden Monat Hacks, Exploits oder Zusammenbrüche von Projekten im Kryptobereich. Mit einem Rekord von rund 760 Millionen US-Dollar, die im Oktober gestohlen wurden, spricht man nicht umsonst vom Hacktober. „Während die Bitcoin-Blockchain nur den Transfer von Bitcoins zwischen Nutzer:innen erlaubt, ermöglichen neue Blockchains wie Ethereum auch die Durchführung komplexerer Finanzoperationen wie Kreditvergaben oder den Handel mit mehreren Kryptoassets, welche die Vermögenswerte auch außerhalb der Blockchain widerspiegeln,“ so Kitzler.
Algorithmus entwirrt Finanzdienste auf der Ethereum-Blockchain
Für Endnutzer:innen bleiben die inneren Mechanismen dieser Finanzdienste weitgehend verborgen und sie sind sich in der Regel nicht darüber im Klaren, welche anderen Dienste im Hintergrund genutzt werden. Nun gelang es den Forschenden die Struktur der Finanzdienste auf der Ethereum-Blockchain zu entwirren. Sie entwickelten einen Algorithmus, der diese Finanztransaktionen aufschlüsselt und sichtbar macht, wie die Dienste miteinander verwoben sind. Gestoßen sind sie auf stark verschachtelte Strukturen. "Wir haben es hier mit komplexen Finanzprodukten zu tun, die sehr schwer zu verstehen sind und Risiken bergen, die noch nicht vollständig bekannt sind", so Kitzler.
Starke Abhängigkeiten und unbekannte Risiken
Vorstellen könne man sich die interne Struktur dieser Finanzdienste wie ein Konstrukt aus Bausteinen: Die oberen bauen auf den unteren auf. Dadurch und durch die wiederholte Verwendung bestimmter Bausteine sei das gesamte System stark abhängig von ganz bestimmten grundlegenden Servicebausteinen. Bricht ein solcher Baustein weg, wirkt sich das auf andere, darauf aufbauende Bausteine aus.
Die Dienste der Decentralized Finance (DeFi) – diesem gesamten Komplex der Finanzdienstleistungen in Verbindung mit Krypto-Vermögenswerten – bieten in der Regel einen einfachen Zugang über ihre Websites, ähnlich dem klassischen E-Banking traditioneller Banken. Diese niedrige Zugangshürde oder sogar Gamification haben zu großer Popularität von DeFi und zu Milliarden von investierten Dollars auf dem Markt geführt.
Die jüngsten Ereignisse im Kryptobereich, sowie die Forschungsergebnisse des CSH zeigen deutlich, dass es sich bei Kryptoanlagen nicht nur um riskante Investitionen handelt, sondern auch, dass Misserfolge die Finanzdienste der Kryptowelt, aber möglicherweise ebenso in der traditionellen Finanzwelt beeinträchtigen könnten. "Das Erste, was wir tun müssen, ist Transparenz und Bewusstsein zu schaffen. Die Nutzer:innen müssen verstehen, was genau hinter einem bestimmten Krypto-Finanzdienst steckt und welche Risiken damit verbunden sind", betont Kitzler. "Die jüngsten Ereignisse machen deutlich, dass das Verständnis möglicher systemischer Risiken im Zusammenhang mit Kryptoassets und DeFi auch für Regulierungsbehörden und politische Entscheidungsträger:innen höchste Priorität haben muss", schließt Haslhofer.
Die Studie “Disentangling Decentralized Finance (DeFi) Compositions” ist aktuell im Fachmagazin ACM Transactions on the Web erschienen.
Complexity Science Hub Vienna
Der CSH Vienna wurde mit dem Ziel gegründet, Big Data zum Nutzen der Gesellschaft einzusetzen. Der CSH bereitet unter anderem große Datensätze systematisch und strategisch so auf, dass Auswirkungen von Entscheidungen in komplexen Situationen vorab getestet und systematisch bewertet werden können. Damit liefert der CSH die Grundlagen für eine evidenzbasierte Politik.
Der CSH Vienna wurde mit dem Ziel gegründet, Big Data zum Nutzen der Gesellschaft einzusetzen. Der CSH bereitet unter anderem große Datensätze systematisch und strategisch so auf, dass Auswirkungen von Entscheidungen in komplexen Situationen vorab getestet und systematisch bewertet werden können. Damit liefert der CSH die Grundlagen für eine evidenzbasierte Politik.