Wer an Adipositas leidet, hat ein deutlich höheres Risiko, auch an psychischen Störungen zu erkranken. Dies gilt für alle Altersgruppen, wobei Frauen bei den meisten Krankheiten stärker gefährdet sind als Männer, wie eine aktuelle Studie des Complexity Science Hub und der Medizinischen Universität Wien zeigt.
"Wir haben einen bevölkerungsweiten Datensatz aller stationären Krankenhausaufenthalte in Österreich von 1997 bis 2014 analysiert, um die relativen Risiken von Begleiterkrankungen bei Adipositas zu ermitteln und statistisch signifikante Geschlechtsunterschiede festzustellen", erklärt Elma Dervic vom Complexity Science Hub.
Dabei fanden die Forschenden heraus, dass eine Adipositas-Diagnose die Wahrscheinlichkeit für ein breites Spektrum an psychischen Störungen in allen Altersgruppen signifikant erhöht - darunter Depressionen, Nikotinsucht, Psychosen, Angstzustände, Ess- und Persönlichkeitsstörungen. "Diese Ergebnisse unterstreichen aus klinischer Sicht die Notwendigkeit, das Bewusstsein für psychiatrische Diagnosen bei adipösen Patient:innen zu schärfen und gegebenenfalls bereits in einer frühen Diagnosephase Spezialist:innen zu konsultieren", sagt Michael Leutner von der Medizinischen Universität Wien.
Dabei fanden die Forschenden heraus, dass eine Adipositas-Diagnose die Wahrscheinlichkeit für ein breites Spektrum an psychischen Störungen in allen Altersgruppen signifikant erhöht - darunter Depressionen, Nikotinsucht, Psychosen, Angstzustände, Ess- und Persönlichkeitsstörungen. "Diese Ergebnisse unterstreichen aus klinischer Sicht die Notwendigkeit, das Bewusstsein für psychiatrische Diagnosen bei adipösen Patient:innen zu schärfen und gegebenenfalls bereits in einer frühen Diagnosephase Spezialist:innen zu konsultieren", sagt Michael Leutner von der Medizinischen Universität Wien.
ERSTDIAGNOSE: ADIPOSITAS
"Um herauszufinden, welche Krankheit typischerweise zuerst auftritt und welche erst danach, mussten wir eine neue Methode entwickeln", erklärt Dervic. So konnten die Forschenden feststellen, ob es Trends und typische Muster im Auftreten von Krankheiten gibt.
Bei allen Co-Diagnosen, mit Ausnahme des Psychose-Spektrums, war Adipositas mit deutlich höherer Wahrscheinlichkeit die zuerst gestellte Diagnose, bevor sich eine psychiatrische Diagnose manifestierte. "Bislang gingen Ärzt:innen oft davon aus, dass psychopharmakologische Medikamente die Ursache für den Zusammenhang zwischen psychischen Störungen und Fettleibigkeit sowie Diabetes sind. Das mag für Schizophrenie zutreffen, wo wir die umgekehrte zeitliche Reihenfolge sehen, aber unsere Daten stützen dies nicht für Depressionen oder andere psychiatrische Diagnosen", sagt Alexander Kautzky von der Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie der MedUni Wien. Ob Adipositas die psychische Gesundheit direkt beeinträchtigt oder ob frühe Stadien psychiatrischer Störungen unzureichend erkannt werden, ist jedoch noch nicht bekannt.
Bei allen Co-Diagnosen, mit Ausnahme des Psychose-Spektrums, war Adipositas mit deutlich höherer Wahrscheinlichkeit die zuerst gestellte Diagnose, bevor sich eine psychiatrische Diagnose manifestierte. "Bislang gingen Ärzt:innen oft davon aus, dass psychopharmakologische Medikamente die Ursache für den Zusammenhang zwischen psychischen Störungen und Fettleibigkeit sowie Diabetes sind. Das mag für Schizophrenie zutreffen, wo wir die umgekehrte zeitliche Reihenfolge sehen, aber unsere Daten stützen dies nicht für Depressionen oder andere psychiatrische Diagnosen", sagt Alexander Kautzky von der Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie der MedUni Wien. Ob Adipositas die psychische Gesundheit direkt beeinträchtigt oder ob frühe Stadien psychiatrischer Störungen unzureichend erkannt werden, ist jedoch noch nicht bekannt.
GRÖßERE AUSWIRKUNGEN BEI FRAUEN
Überraschenderweise fanden die Forschenden bei den meisten Störungen signifikante geschlechtsspezifische Unterschiede - wobei Frauen ein erhöhtes Risiko für alle Störungen außer Schizophrenie und Nikotinsucht aufwiesen.
Während 16,66 % aller adipösen Männer auch an einer Nikotinabhängigkeit leiden, sind es bei adipösen Frauen nur bis zu 8,58 %. Bei Depressionen etwa verhält es sich umgekehrt. Die Rate der diagnostizierten depressiven Episoden war bei adipösen Frauen fast dreimal so hoch (13,3 % adipös; 4,8 % nicht adipös). Adipöse Männer waren doppelt so häufig betroffen (6,61 % adipös; 3,21 % nicht adipös).
Während 16,66 % aller adipösen Männer auch an einer Nikotinabhängigkeit leiden, sind es bei adipösen Frauen nur bis zu 8,58 %. Bei Depressionen etwa verhält es sich umgekehrt. Die Rate der diagnostizierten depressiven Episoden war bei adipösen Frauen fast dreimal so hoch (13,3 % adipös; 4,8 % nicht adipös). Adipöse Männer waren doppelt so häufig betroffen (6,61 % adipös; 3,21 % nicht adipös).
MAßNAHMEN IN JUNGEN JAHREN
Von Adipositas sind weltweit mehr als 670 Millionen Menschen betroffen. Dass die Erkrankung Störungen des Stoffwechsels sowie schwerwiegende kardiometabolische Folgeerkrankungen (Diabetes mellitus, arterielle Hypertonie und Dyslipidämie) begünstigt, ist hinlänglich bekannt und wurde bereits umfassend erforscht.
Die Ergebnisse der aktuelle Studie, die zeigen, dass Adipositas häufig schweren psychischen Störungen vorausgeht, unterstreichen ihre Bedeutung als pleiotroper Risikofaktor für Gesundheitsprobleme aller Art. Dies betrifft vor allem junge Altersgruppen, in denen das Risiko am stärksten ausgeprägt ist. Aus diesem Grund sei ein gründliches Screening auf psychische Probleme bei adipösen Patient:innen dringend erforderlich, damit eine Prävention möglich ist und eine angemessene Behandlung erfolgen kann, betonen die Forschenden.
Die Ergebnisse der aktuelle Studie, die zeigen, dass Adipositas häufig schweren psychischen Störungen vorausgeht, unterstreichen ihre Bedeutung als pleiotroper Risikofaktor für Gesundheitsprobleme aller Art. Dies betrifft vor allem junge Altersgruppen, in denen das Risiko am stärksten ausgeprägt ist. Aus diesem Grund sei ein gründliches Screening auf psychische Probleme bei adipösen Patient:innen dringend erforderlich, damit eine Prävention möglich ist und eine angemessene Behandlung erfolgen kann, betonen die Forschenden.
ZUR STUDIE
Die Studie “Obesity as pleiotropic risk state for metabolic and mental health throughout life” wurde kürzlich im Fachjournal Translational Psychiatry veröffentlicht (doi: 10.1038/s41398-023-02447-w).
ÜBER DEN COMPLEXITY SCIENCE HUB
Der Complexity Science Hub (kurz: CSH Vienna) wurde mit dem Ziel gegründet, Big Data zum Nutzen der Gesellschaft einzusetzen. Der CSH Vienna bereitet unter anderem große Datensätze systematisch und strategisch so auf, dass Auswirkungen von Entscheidungen in komplexen Situationen vorab getestet und systematisch bewertet werden können. Damit liefert der Complexity Science Hub die Grundlagen für eine evidenzbasierte Politik. https://www.csh.ac.at
ÜBER DIE MEDIZINISCHE UNIVERSITÄT WIEN
Die Medizinische Universität Wien (kurz: MedUni Wien) ist eine der traditionsreichsten medizinischen Ausbildungs- und Forschungsstätten Europas. Mit rund 8.000 Studierenden ist sie heute die größte medizinische Ausbildungsstätte im deutschsprachigen Raum. Mit 6.000 Mitarbeiter:innen, 30 Universitätskliniken und zwei klinischen Instituten, 13 medizintheoretischen Zentren und zahlreichen hochspezialisierten Laboratorien zählt sie zu den bedeutendsten Spitzenforschungsinstitutionen Europas im biomedizinischen Bereich. Die MedUni Wien besitzt mit dem Josephinum auch ein medizinhistorisches Museum.