- Neu entwickeltes Modell ermöglicht erstmals Einblicke in die unterschätzten Folgen der 90-tägigen Zollpause und des bisherigen Zollschocks
- Rebound-Effekt droht: Erholung könnte globalen Seefrachtverkehr mehr destabilisieren als vorangegangener Zollschock
- Anstieg des Containerverkehrs in US-Häfen um bis zu 150 % erwartet - abhängig davon, wann der Rebound-Effekt eintritt. Ohne Gegenmaßnahmen drohen Versorgungsprobleme ähnlich wie während der COVID-19-Pandemie
- Zollschock verursachte größte Unterbrechungen auf US-China-Schiffsroute seit der COVID-19-Pandemie – rund 10 % waren „Blank Sailings“ aktuellen Daten zufolge
- Rund 90 Prozent des Welthandels erfolgen über den Seeweg – entsprechend große Auswirkungen haben Störungen auf globale Lieferketten
Die überraschend verkündete 90-tägige Zollpause im Handelskrieg zwischen den USA und China könnte den globalen Seehandel mehr destabilisieren als die bisher gesetzten Zollerhöhungen.
Während der Zollschock den Handel zwischen den beiden größten Volkswirtschaften der Welt fast vollständig lahmlegte – mit einem Rückgang des Handelsvolumens an US-Häfen von bis zu rund 60 Prozent – droht nun ein „Rebound-Effekt“, eine abrupte Steigerung der Nachfrage von bis zu 150 Prozent.
Die zu erwartenden Folgen sind Preissteigerungen, logistische Engpässe, Staus und Verzögerungen im Seetransport - vor allem an der US-Westküste - ähnlich wie während der COVID-19-Pandemie. Zu diesen Kernergebnissen kommt eine aktuelle Studie des Complexity Science Hub (CSH), des Supply Chain Intelligence Institute Austria (ASCII) und der TU Delft.
Mittels eines eigens entwickelten Simulationsmodells zeigt die im Vorabdruck veröffentlichte Studie nun erstmals, wie stark die Handelskonflikte der letzten Monate den globalen Seeverkehr beeinträchtigt haben und wie unvorbereitet die Weltwirtschaft auf die nun eintretende Erholungsphase ist.
Die Studienautoren warnen vor einer Destabilisierung des globalen Handels – mit besonders drastischen Folgen für den Seetransport. Da rund 90 Prozent des Welthandels über den Seeweg laufen, könnten Verlagerungen von Kapazitäten und steigende Frachtkosten die Lieferketten weltweit belasten – mit spürbaren Folgen auch für europäische Unternehmen. „Während die abrupten Zollerhöhungen zwar drastisch, aber kalkulierbar waren, trifft die aktuelle Erholung auf ungelöste strukturelle Engpässe und fehlende Vorbereitung. Der nun plötzlich drohende Anstieg des USA-China-Handels könnte die weltweiten Schifffahrtskosten in die Höhe treiben, da Kapazitäten verlagert wurden und Auftragsrückstände abgearbeitet werden müssen. Dies wiederum kann zu höheren Export- und Importkosten für europäische Unternehmen führen. Die kommenden Wochen werden zur Feuerprobe für die Resilienz des globalen Seehandels und könnten mit Engpässen einhergehen wie während der COVID-19-Krise“, erklärt CSH-Wissenschafter und ASCII-Direktor Peter Klimek.
Während der Zollschock den Handel zwischen den beiden größten Volkswirtschaften der Welt fast vollständig lahmlegte – mit einem Rückgang des Handelsvolumens an US-Häfen von bis zu rund 60 Prozent – droht nun ein „Rebound-Effekt“, eine abrupte Steigerung der Nachfrage von bis zu 150 Prozent.
Die zu erwartenden Folgen sind Preissteigerungen, logistische Engpässe, Staus und Verzögerungen im Seetransport - vor allem an der US-Westküste - ähnlich wie während der COVID-19-Pandemie. Zu diesen Kernergebnissen kommt eine aktuelle Studie des Complexity Science Hub (CSH), des Supply Chain Intelligence Institute Austria (ASCII) und der TU Delft.
Mittels eines eigens entwickelten Simulationsmodells zeigt die im Vorabdruck veröffentlichte Studie nun erstmals, wie stark die Handelskonflikte der letzten Monate den globalen Seeverkehr beeinträchtigt haben und wie unvorbereitet die Weltwirtschaft auf die nun eintretende Erholungsphase ist.
Die Studienautoren warnen vor einer Destabilisierung des globalen Handels – mit besonders drastischen Folgen für den Seetransport. Da rund 90 Prozent des Welthandels über den Seeweg laufen, könnten Verlagerungen von Kapazitäten und steigende Frachtkosten die Lieferketten weltweit belasten – mit spürbaren Folgen auch für europäische Unternehmen. „Während die abrupten Zollerhöhungen zwar drastisch, aber kalkulierbar waren, trifft die aktuelle Erholung auf ungelöste strukturelle Engpässe und fehlende Vorbereitung. Der nun plötzlich drohende Anstieg des USA-China-Handels könnte die weltweiten Schifffahrtskosten in die Höhe treiben, da Kapazitäten verlagert wurden und Auftragsrückstände abgearbeitet werden müssen. Dies wiederum kann zu höheren Export- und Importkosten für europäische Unternehmen führen. Die kommenden Wochen werden zur Feuerprobe für die Resilienz des globalen Seehandels und könnten mit Engpässen einhergehen wie während der COVID-19-Krise“, erklärt CSH-Wissenschafter und ASCII-Direktor Peter Klimek.
REBOUND-EFFEKT DROHT: ZOLLPAUSE KÖNNTE ZU MASSIVEN ÜBERLASTUNGEN FÜHREN
Laut Studie könnte das Aussetzen der Zölle drastischere Auswirkungen auf den globalen Seehandel haben als der jüngste Zollschock. Die jetzt begonnene Zollpause könnte dazu führen, dass US-Firmen, ihre Lager in Rekordtempo wieder auffüllen wollen und aufgestaute Lieferungen im großen Stil nachbestellen – ein Nachholeffekt, der zu einem drastischen Anstieg des Schiffsverkehrs führen und ganze Häfen überlasten könnte.

Abbildung: Geschätzte Veränderung für 1.315 Häfen aufgrund der Zölle zwischen den USA und China. Jeder Hafen wird durch einen Kreis dargestellt, dessen Größe proportional zur absoluten Veränderung der Schiffsankünfte pro Tag ist und dessen Farbe die relative Veränderung im Vergleich zum Basisszenario vor den Zöllen angibt. Copyright: ASCII
Wenn Unternehmen hingegen mit der Aufstockung der Lagerbestände warten, weil sie nicht sicher sind, ob sie in der Lage sein werden, innerhalb der 90-tägigen Pause Geschäfte abzuschließen, könnte der anschließende Nachholeffekt noch größer ausfallen. Die Studienautoren rechnen mit einem Anstieg der Lieferungen um bis zu 150 Prozent – insbesondere in Richtung USA. Die Zahl der Schiffsankünfte in Long Beach-Los Angeles könnte um 73 Prozent steigen – das entspricht rund 19 zusätzlichen Schiffen pro Tag. In Oakland wird ein Plus von 61 Prozent erwartet, in Tacoma von 56 Prozent. Insgesamt könnte der US-Containerverkehr um fast 19 Prozent zulegen. Dieser Anstieg wird durch leichte Rückgänge in fast allen anderen Regionen der Welt, insbesondere in Japan, Korea und der EU, ausgeglichen werden. Dies dürfte die Kosten für die Verschiffung auf diesen Routen in die Höhe treiben.
„Der nun zu erwartende Wiederanstieg des Handels – insbesondere in Richtung USA – könnte zu logistischen Engpässen und Hafenstaus führen wie während der COVID-19-Pandemie – mit entsprechenden Risiken für Verzögerungen und Überlastungen. Damals mussten Schiffe teils mehr als 20 Tage vor der US-Westküste auf ihre Entladung warten. Eine ähnliche Situation droht auch jetzt, wenn keine Gegenmaßnahmen ergriffen werden. Die Überlastung von Häfen und Logistiknetzwerken könnte die Lieferketten massiv stören und zu signifikanten Preissteigerungen führen“, erklärt Klimek.
„Der nun zu erwartende Wiederanstieg des Handels – insbesondere in Richtung USA – könnte zu logistischen Engpässen und Hafenstaus führen wie während der COVID-19-Pandemie – mit entsprechenden Risiken für Verzögerungen und Überlastungen. Damals mussten Schiffe teils mehr als 20 Tage vor der US-Westküste auf ihre Entladung warten. Eine ähnliche Situation droht auch jetzt, wenn keine Gegenmaßnahmen ergriffen werden. Die Überlastung von Häfen und Logistiknetzwerken könnte die Lieferketten massiv stören und zu signifikanten Preissteigerungen führen“, erklärt Klimek.

Abbildung: Relative Veränderung im Containerverkehr aufgrund der Zölle. Copyright: ASCII
HANDELSKRIEG VERURSACHTE MASSIVE FAHRTAUSFÄLLE: RUND 10 PROZENT „BLANK SAILINGS“
Der Handelskrieg zwischen den USA und China hat weltweit spürbare Verwerfungen im Seeverkehr ausgelöst. Vor den Zollerhöhungen waren laut Studie rund 500 Containerschiffe auf den Routen zwischen beiden Ländern unterwegs – das entspricht etwa 6 Prozent aller Containerschiffe weltweit, die potenziell vom Handelskrieg und den Zollmaßnahmen betroffen waren.
Viele dieser Schiffe transportierten Waren, die vor den Zollmaßnahmen bestellt wurden, aber dann aufgrund der erhöhten Zölle nicht mehr nachgefragt wurden. Dadurch mussten Container umgeladen, umgeleitet oder zwischengelagert werden, was zu Lieferengpässen, verwaisten Containern in Transit und längeren Umschlagszeiten führte. Diese Störungen sorgten global für einen spürbaren Rückgang des Warenverkehrs und sogenannte „Blank Sailings“: Laut dem World Container Index fielen im April und Mai 2025 rund 10 Prozent aller Schiffsfahrten aus. Zum Vergleich: Während der Pandemie lag die Ausfallrate bei bis zu rund 20 Prozent.
Viele dieser Schiffe transportierten Waren, die vor den Zollmaßnahmen bestellt wurden, aber dann aufgrund der erhöhten Zölle nicht mehr nachgefragt wurden. Dadurch mussten Container umgeladen, umgeleitet oder zwischengelagert werden, was zu Lieferengpässen, verwaisten Containern in Transit und längeren Umschlagszeiten führte. Diese Störungen sorgten global für einen spürbaren Rückgang des Warenverkehrs und sogenannte „Blank Sailings“: Laut dem World Container Index fielen im April und Mai 2025 rund 10 Prozent aller Schiffsfahrten aus. Zum Vergleich: Während der Pandemie lag die Ausfallrate bei bis zu rund 20 Prozent.
HANDELSKRIEG VERURSACHTE UMWEGE IM WELTWEITEN SEEVERKEHR: EUROPA UND SÜDAMERIKA PROFITIERTEN
Nach der modellbasierten Simulation der Studie verzeichneten die Häfen an der US-Westküste aufgrund des fast vollständigen Zusammenbruchs des Handels zwischen den USA und China einen starken Rückgang des Containerverkehrs, während die Häfen in Europa und Südamerika von der Umleitung der globalen Schifffahrtsrouten profitiert haben.
Dem Modell zufolge könnte die Zahl der Containerschiffe in Long Beach-Los Angeles, einem der wichtigsten Häfen des Landes, theoretisch um mehr als 63 Prozent zurückgegangen sein, was etwa 17 Schiffen weniger pro Tag entspricht. In China hingegen könnte der am stärksten betroffene Hafen, Ningbo, aufgrund einer stärkeren Streuung der Handelsflüsse einen viel geringeren Rückgang von etwa 4 Prozent verzeichnen. Das Modell deutet auch darauf hin, dass die überflüssigen Schiffskapazitäten wahrscheinlich auf die südamerikanischen und europäischen Routen verlagert wurden, die in der Simulation einen Anstieg des Schiffsverkehrs um 5 bzw. 2 Prozent verzeichneten.
„Wir gehen davon aus, dass viele chinesische Exporte offenbar schnell auf andere Märkte wie Europa und Südamerika umgeleitet wurden. Dadurch fehlen nun Schiffe auf der Route zwischen China und den USA – was bei steigender Nachfrage zu Engpässen führen und das ohnehin belastete System weiter unter Druck setzen könnte“, sagt Mitja Devetak, Doktorand am CSH und wissenschaftlicher Mitarbeiter am ASCII.
Dem Modell zufolge könnte die Zahl der Containerschiffe in Long Beach-Los Angeles, einem der wichtigsten Häfen des Landes, theoretisch um mehr als 63 Prozent zurückgegangen sein, was etwa 17 Schiffen weniger pro Tag entspricht. In China hingegen könnte der am stärksten betroffene Hafen, Ningbo, aufgrund einer stärkeren Streuung der Handelsflüsse einen viel geringeren Rückgang von etwa 4 Prozent verzeichnen. Das Modell deutet auch darauf hin, dass die überflüssigen Schiffskapazitäten wahrscheinlich auf die südamerikanischen und europäischen Routen verlagert wurden, die in der Simulation einen Anstieg des Schiffsverkehrs um 5 bzw. 2 Prozent verzeichneten.
„Wir gehen davon aus, dass viele chinesische Exporte offenbar schnell auf andere Märkte wie Europa und Südamerika umgeleitet wurden. Dadurch fehlen nun Schiffe auf der Route zwischen China und den USA – was bei steigender Nachfrage zu Engpässen führen und das ohnehin belastete System weiter unter Druck setzen könnte“, sagt Mitja Devetak, Doktorand am CSH und wissenschaftlicher Mitarbeiter am ASCII.
POLITISCHE UNSICHERHEITEN GEFÄHRDEN WELTHANDEL UND LIEFERKETTEN
Die Studienautoren betonen, dass die anhaltenden politischen Unsicherheiten zunehmend den internationalen Handel gefährden, insbesondere den maritimen Sektor. Um die damit verbundenen Herausforderungen zu meistern, sind aufseiten von Hafenbehörden und politischen Entscheidungsträgern koordinierte und vorausschauende politische Maßnahmen und Investitionen in die Infrastruktur notwendig. Unternehmen sollten ihre Lieferketten resilienter gestalten und die Risiken durch strategische Lagerhaltung und alternative Beschaffungsquellen minimieren. Besonders kurzfristige Schwankungen in der Nachfrage – ausgelöst durch Zollmaßnahmen – könnten innerhalb weniger Wochen die globalen Lieferketten destabilisieren, warnen die Autoren.
„Der Handelskonflikt ist ein Weckruf für unsere Wirtschaft. Er zeigt, wie schnell sich politische Entscheidungen in ganz realen Engpässen an Häfen und in Lieferketten niederschlagen können. Die anhaltende Unsicherheit im Handel verdeutlicht, wie wichtig es ist, Handelsabkommen und Zölle mit Bedacht zu gestalten, um eine erneute Destabilisierung der globalen Lieferketten zu vermeiden“, schließt Klimek.
„Der Handelskonflikt ist ein Weckruf für unsere Wirtschaft. Er zeigt, wie schnell sich politische Entscheidungen in ganz realen Engpässen an Häfen und in Lieferketten niederschlagen können. Die anhaltende Unsicherheit im Handel verdeutlicht, wie wichtig es ist, Handelsabkommen und Zölle mit Bedacht zu gestalten, um eine erneute Destabilisierung der globalen Lieferketten zu vermeiden“, schließt Klimek.
ÜBER DIE STUDIE
Die Studie entstand in Zusammenarbeit des Complexity Science Hub (CSH), des Austrian Supply Chain Intelligence Institute (ASCII) und der TU Delft und wurde im Vorabdruck veröffentlicht. Sie ist unter folgendem Link abrufbar: https://csh.ac.at/wp-content/uploads/2025/05/US-CN-Tariff-Shock.pdf
ÜBER DEN COMPLEXITY SCIENCE HUB
Der Complexity Science Hub (CSH) ist Europas wissenschaftliches Zentrum zur Erforschung komplexer Systeme. Wir übersetzen Daten aus einer Reihe von Disziplinen – Wirtschaft, Medizin, Ökologie, Sozialwissenschaften – in anwendbare Lösungen für eine bessere Welt. Gegründet im Jahr 2016, forschen heute über 70 Wissenschafter:innen am CSH, getragen von der wachsenden Notwendigkeit für ein fundiertes Verständnis der Zusammenhänge, die unserer Gesellschaft zugrunde liegen – vom Gesundheitswesen bis zu Lieferketten. Mit unseren interdisziplinären Methoden entwickeln wir die Kompetenzen, um Antworten auf heutige und zukünftige Herausforderungen zu finden.
Mitglieder des CSH sind AIT Austrian Institute of Technology, BOKU University, Central European University (CEU), IT:U Interdisciplinary Transformation University Austria, Medizinische Universität Wien, TU Wien, TU Graz, Universität für Weiterbildung Krems, Vetmeduni Wien, WU (Wirtschaftsuniversität Wien) und Wirtschaftskammer Österreich (WKO).
csh.ac.at
Mitglieder des CSH sind AIT Austrian Institute of Technology, BOKU University, Central European University (CEU), IT:U Interdisciplinary Transformation University Austria, Medizinische Universität Wien, TU Wien, TU Graz, Universität für Weiterbildung Krems, Vetmeduni Wien, WU (Wirtschaftsuniversität Wien) und Wirtschaftskammer Österreich (WKO).
csh.ac.at
ÜBER DAS SUPPLY CHAIN INTELLIGENCE INSTITUTE AUSTRIA
Das Austrian Supply Chain Intelligence Institute (ASCII) ist ein weltweit führendes Lieferketteninstitut für interdisziplinäre, datengetriebene Analysen globaler Produktions- und Logistiknetzwerke – mit dem Ziel, resiliente, nachhaltige und zukunftsfähige Lieferketten zu gestalten. Das Institut wurde als Forschungs-Joint Venture vom Wirtschaftsforschungsinstitut (WIFO) gemeinsam mit dem Complexity Science Hub (CSH), dem Logistikum der Fachhochschule Oberösterreich und dem Verein Netzwerk Logistik (VNL) gegründet.